Eine migrantische Perspektive
Am 25. November 1960 kämpften die Schwestern Minerva, Patria und María Teresa, drei politische Aktivistinnen aus der Dominikanischen Republik, brutal gegen den Diktator Rafael Trujillo. Die Ermordung der Mirabal-Schwestern war das Ereignis, das den Sturz der Trujillo-Diktatur auslöste.
1999 wurden die Nationalen Einheiten zu Ehren der Mirabal-Schwestern am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen*, gegründet. In der den Tag eröffnenden Resolution wurden wiederum Regierungen, Organisationen, Programme der Vereinten Nationen, NGOs und andere aufgefordert, Sensibilisierungsmaßnahmen zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt zu organisieren.
Ein weiterer wichtiger Meilenstein auf internationaler Ebene war die Istanbul-Konvention (2001), die sich auf die Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen* und häuslicher Gewalt konzentriert (2001). Die Konvention erkennt die besondere Natur der Gewalt gegen Frauen* an, darunter:
in Anerkennung der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen* als geschlechtsspezi - fische Gewalt strukturellen Charakter hat, sowie der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen* einer der entscheidenden sozialen Mechanismen ist, durch den Frauen* in eine untergeordnete Position gegenüber Männern gezwungen werden;
mit großer Sorge feststellend, dass Frauen* und Mädchen häufig schweren Formen von Gewalt wie häuslicher Gewalt, sexueller Belästigung, Vergewaltigung, Zwangsverheiratung, im Namen der sogenannten „Ehre“ begangener Verbrechen und Genitalverstümmelung ausgesetzt sind, die eine schwere Verletzung der Menschenrechte von Frauen* und Mädchen sowie ein Haupthindernis für das Erreichen der Gleichstellung von Frauen* und Männern darstellen;
In Anbetracht der fortdauernden Menschenrechtsverletzungen während bewaffneter Konflikte, welche die Zivilbevölkerung und insbesondere Frauen* in Form von weit verbreiteter oder systematischer Vergewaltigung und sexueller Gewalt betreffen, sowie der höheren Wahrscheinlichkeit geschlechtsspezifischer Gewalt sowohl während als auch nach Konflikten;
Die Istanbul-Konvention wurde in Deutschland im Februar 2023 in vollem Umfang ratifiziert. Die zur Diskussion stehenden Artikel, die die Umsetzung der Istanbul-Konvention verhinderten, sind Artikel 44 und 59 Abs.2&3. Beide beziehen sich auf Migrant*innen und geflüchtete Frauen*.
Während dies ein großer Fortschritt für Migrant*innen und geflüchtete Frauen* war, gibt es ein großes strukturelles Problem bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention in den örtlichen Institutionen wie Ausländerbehörde, BAMF, Jugendamt, Justiz usw. Das bedeutet in der Praxis, dass Frauen*, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, abgeschoben werden.
Die Institutionen sind nach wie vor für die strukturelle Gewalt gegen Frauen* verantwortlich, wobei Rassismus und Diskriminierung Faktoren sind, die besonders geflüchtete Frauen* und Migrant*innen betreffen.
Die absolute Unsichtbarkeit aller Formen von Gewalt, von denen geflüchtete Frauen* betroffen sind, macht sie in dramatischer Weise verwundbar. Alltägliche Handlungen wie der Gang zur Toilette, der Gang in die Küche, der Gang in den Garten stellen für viele Frauen die Gefahr dar, sexuell übergriffig zu werden.
Das System, das die Frauen* eigentlich schützen sollte, ist für viele geflüchtete Frauen* eine Barriere, die sie in der Praxis schutzlos macht. Viele Migrant*innen können das Schutzsystem bei häuslicher Gewalt, sexueller Gewalt, Schutz ihrer Kinder usw. einfach nicht in Anspruch nehmen.
Das muss sich eindeutig ändern.
Es ist klar, dass wir das Bewusstsein in der Gesellschaft schärfen müssen.
Es ist klar, dass es Frauen* gibt, denen Gewalt angetan wird, und niemand sieht sie.
Es ist klar, dass die Gesetze nicht alle gleichermaßen schützen.
Heute ehren wir die drei lateinamerikanischen Schwestern, die wegen ihrer politischen Ideen und ihres Aktivismus ermordet wurden, müssen wir gegen alle Formen von Gewalt kämpfen, die Frauen* überall betreffen.
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